Warum Schweigen die Glocken
vom Gloria am Gründonnerstag bis zum Gloria der Osternacht?

Das Schweigen der Glocken an den 'hohen Tagen' erklärt sich das volkstümliche Denken auf vielfache Art und Weise. Zuerst sollten wir die Frage stellen:

Warum gibt es Glocken in der Liturgie?

Glocken sind metallische Hohlkörper, die in der Regel durch einen Schlegel oder Hammer zum Klingen gebracht werden. Seit alter Zeit dienen sie so dem Zeichengeben wie auch dem Zusammenrufen von Menschen. In der Antike waren Glocken wichtiger Bestandteil heidnischer Götterfeste.

Aus diesem Grund wurden die Glocken im christlichen Umfeld anfangs nicht verwendet. Die Mönchsklöster waren wohl die ersten, die die Glocken zum Zusammenrufen der Mönche zu den Gebetszeiten einsetzten. Dort ersetzten die Glocken die vorher üblichen Schlagbretter oder 'Ratschen', die wir noch von den Kartagen her kennen. Über diesen Weg fanden die Glocken wohl auch den Eingang in die Liturgie und werden dort zum Anzeigen von Zeiten (Evangeliumsläuten, Wandlungsläuten), zum Gebetsaufruf (Angelusläuten) und  zum Zusammenrufen der Menschen zu den Gottesdiensten verwendet. Musik und so auch das Glockenläuten wird auch als ein Ausdruck der Freude verstanden (vgl. Prozessionen, Te Deum). Ein Relikt aus heidnischer Zeit ist wohl die volkstümliche Annahme, Glockenläuten hätte besondere Kraft zum Abhalten von Unglück (vgl. Wetterläuten).

Warum Schweigen die Glocken an den Tagen von Gründonnerstag bis Karfreitag?

Aus der ersten Frage kann man ersehen, dass geschichtlich gesehen die Liturgie ohne Glocken auskam. (Heute gibt es wieder Strömungen den Gebrauch der Glocken zurückzudrängen, da sie vom eigentlichen Geschehen am Altar (bei der Wandlung) ablenken könnten; vgl. Prof. Dr. Reiner Kaczynski, Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität München) Das Schweigen der Glocken ist also eine "Erhaltung des Alten in liturgisch hochwertiger Zeit", eine Art Gesetzmäßigkeit, die in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts Anton Baumstark erarbeitet hat.

Zum anderen lässt sich in der Liturgiegeschichte eine Scheu beobachten, an den zentralen Stellen der Feier der Liturgie wie z. B. im "Heiligen Triduum" (Gründonnerstagabend bis Ostersonntag/Feier der Osternacht) etwas zu verändern. Man behielt alte und uralte Formen bei, die an anderen Stellen des Kirchenjahres längst ersetzt waren. Die nur aus Stille und Gebet bestehende Eröffnung der Karfreitagsliturgie ist so ein Fall, das Fehlen von Credo und Agnus Dei in der Osternacht bis 1950 ein anderer, das Weiterleben von Luzernar (Lichtfeier, die ursprünglich zumindest jeden Samstagabend begangen wurde) und alttestamentlichen Lesegottesdienst in der Osternacht (ein Relikt aus der frühchristlichen Vigil) ein weiterer.

Und so hat man auch in den Kartagen den älteren Brauch des Zusammenrufens durch hölzerne Vorrichtungen weiterleben lassen. Wie viele anderer dieser frühen Formen ist auch das Schlagen auf Holzbretter oder in mechanisierter Form das 'Ratschen' dann als Ausdruck der Trauer gedeutet worden. Diese nachsymbolische Bedeutung ist durchaus eingängig und in ihrem Rahmen auch berechtigt.

Die Enthaltsamkeit von den Glocken weist auch auf die Bedeutung des Heiligen Triduums hin und soll so beim erneuten Erklingen der Glocken zur Freude der Osternacht beitragen. Für die volkstümliche Annahme, die Glocken flögen in diesen Tagen nach Rom und würden dort vom Papst gesegnet, habe ich keine Belegstelle gefunden.

Zusammenstellung erfolgte unter anderem nach Skripten der Liturgievorlesung von Prof. Kaczynski und 'Kleines liturgisches Lexikon' von Rupert Berger (Herderverlag). Sollten sich Fehler eingeschlichen haben bitte eine kurze Mail an mich..

Diesen Text gibt es auch als PDF (Download mit der rechten Maustaste)


ZURÜCK KONTAKT STARTSEITE DRUCKEN VORWÄRTS